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Mobilität im Alter

In der VCDdirekt Ausgabe vom Mai 2014 erschien im Beitrag Projekt 60+ ein Interview mit dem VCD-Kreisverbandsvorsitzenden Dirk Rupp.

"Beim Umstieg unterstützen"

Titelseite VCDdirekt 2014 Dirk Rupp, VCD-Mobilitätsexperte und als Altenpfleger in der Gemeindepsychiatrie tätig, spricht von seinen Er­fahrun­gen und gibt Tipps für ältere Verkehrsteilnehmer sowie Angehörige.

Augen und Ohren werden schlechter, die Reaktions­geschwindigkeit lässt nach, eben­so die Beweglichkeit und mehr oder weniger auch die Orientierung. Alle diese Veränderungen sind mit zunehmendem Alter ganz normal, keiner kann ihnen ent­gehen. Gerade im Straßenverkehr ist jedoch volle Aufmerksamkeit gefragt, damit sich die Fahrer selbst und andere nicht in Gefahr bringen. Wie spricht man das oft heikle Thema innerhalb der Familie an und wie schaffen es Senioren, auf alternative Verkehrsmittel umzusteigen?

Dirk, wie sucht man am besten das Gespräch mit Angehörigen zum Thema Fahrtüchtigkeit, ohne dass es zu Streit kommt oder der Betroffene sich bevormundet fühlt?

Entscheidend ist ein gutes Verhältnis in der Familie. Wer keinen guten Draht zu­einander hat, sollte zunächst daran arbeiten und die Beziehung verbessern. Meistens lässt es sich dann vermeiden, Angehörigen mit dem Entzug des Führer­scheins oder dem Verkauf des Autos zu drohen. Es geht primär darum, sich über die Mobilitätsbedürfnisse zu unterhalten und diese ernst zu nehmen. Mobilität ist ein Grundrecht, Autofahren nicht! Man kann gemeinsam mit dem Betroffenen über­legen, wofür er das Auto überhaupt noch nutzt. Meist ist es für Einkäufe, Arztbesuche, Ausflüge und Verwandtenbesuche. Für jede Strecke kann man sich gemeinsam überlegen, wie man mobil bleibt – auch ohne Auto.

Welche Möglichkeiten gibt es da überhaupt, vor allem in ländlichen Regionen?

Manchmal liegt die Lösung darin, dass man einfach die traditionelle Besuchsrichtung umdreht, also die Großeltern nicht mehr mit dem Auto kommen lässt, sondern zu ihnen fährt und von dort aus zu schönen Ausflügen startet. Das funktioniert aber meistens nur, wenn verlässliche Terminabsprachen getroffen werden. Was das Einkaufen betrifft, so sollte man sich bei den lokalen Einzelhändlern nach einem Lieferservice erkundigen oder sich mit Nachbarn zu einer regelmäßigen Einkaufsfahrt zusammenschließen. Wenn es noch einen Laden am Ort hat, kann man prüfen, ob die Kondition für das selbständige Einkaufen mit Marktroller, Rollator oder einem kippsicheren Fahrrad mit drei Rädern ausreicht, das es jetzt auch mit elektrischem Zusatzantrieb gibt. Zum Arztbesuch kann man sich unter bestimmten Bedingungen von mobilen Diensten begleiten lassen. Für alle Fahrten im Nahbereich sollte man bei Bedarf das Taxi im Blick haben.

Aber da kommt doch gleich das Argument, dass ein Taxi so teuer ist!

Ich denke, man darf sich im Alter auch ruhig mal einen Chauffeur leisten. Der Papst und der Bundespräsident machen das schließlich auch. Jeder, der die Kosten für einen Privatwagen ehrlich kalkuliert, kann zusammen mit dem Angehörigen aus­rechnen, wie viele Taxifahrten man sich leisten kann, wenn das Auto verkauft ist. Abschreibung, Versicherungsbeiträge, Werkstattkosten, Betriebsstoffe usw. be­tra­gen pro Monat im Schnitt 400 Euro. Beim Verkehrsverbund Stuttgart bekommt man neuerdings für 492 Euro ein Senioren-Jahresticket für das gesamte Netz. Das ist weniger als die Selbstbeteiligung der Versicherung bei einem Blechschaden.

Wie können Senioren ohne große Erfahrung auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen?

Zur Vorbereitung auf das Alter gehört es meines Erachtens zwingend, öfter mal den ÖPNV auszuprobieren, um Übung und Selbstvertrauen im Umgang mit Fahrplänen, Fahrscheinautomaten und den Fahrzeugen zu erlangen. Angehörige im fort­ge­schrittenen Alter kann man zu Ausflügen oder kleinen Reisen mit Bus und Bahn einladen und Ihnen als Begleiter Sicherheit geben. Ich habe schon mehrfach beobachtet, wie computergetrimmte Enkel auf dem Bahnsteig voller Stolz ihrer Großmutter den richtigen Fahrschein aus dem Automaten herauslassen. Natürlich sollte man sich auch niemals scheuen, fremde Personen um Hilfe zu bitten.

Wie unterstützt der VCD ältere Menschen und Angehörige?

Der VCD setzt sich dafür ein, die klimafreundliche Mobilität von Menschen aller Alters­stufen zu fördern und sie bei der Wahl umweltschonender Verkehrsmittel zu unter­stützen. Er informiert über die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs, der Bahn und des Fahrrads, sowie über Carsharing-Angebote. Insbesondere das Projekt „Klima­verträglich mobil 60+“ bietet mit seinen Regionalkoordinatoren eine individuelle Mobilitätsberatung für ältere Menschen an und organisiert Automaten­schulungen oder einen Fahrradkurs für Wiedereinsteiger.

Die Fragen stellte Annette Reiber

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